Ausschaltverhalten der Diode / Sperrverzögerungszeit / Reverse recovery time

 


 

Einleitung

Wenn eine Diode zunächst in Vorwärtsrichtung betrieben wird und die Polarität plötzlich auf Sperrrichtung umschaltet, bleibt die Diode noch einige Zeit leitend.
Das heißt, es kommt zu einer Verzögerung, wenn die Diode von Flussrichtung auf Sperrrichtung umschaltet.
Diese Verzögerung wird als Sperrverzögerungszeit – Rückwärtserholzeit oder in Englisch auch reverse recovery time bezeichnet.
Die Zeit, welche benötigt wird, damit sie sich in den Sperrvorspannungszustand versetzt, ist die Sperrerholungszeit (reverse recovery time) der Diode.
Das Verhalten der Rückwärtserholungszeit ist wie das Entladen eines Kondensators. Hier fällt der Strom schließlich auch auf 0 ab.
Unten wird das Verhalten nochmal über die Zeit dargestellt.

 

 

 

 

 



 

Was ist die Sperrverzögerungszeit

Beim Umschalten / Umpolen der Diode fällt immer eine bestimmte Verzögerung an.
Schaltverhalten der Diode

Bei der Diode kann es zwei Arten von Umschaltvorgängen geben. Entweder von vom Fluss- in den Sperrbereich geschaltet oder andersherum vom Sperr- in den Flussbereich.
Uns interessiert hier das Umschalten vom Fluss- in der Sperrbereich. Diese Umschaltzeit wird als Sperrverzögerungszeit bzw. Reverse recovery time bezeichnet.
Im Folgenden wird der konkrete Ablauf erklärt.

 

Sperrverzögerungsladung Qrr

Grund für die Verzögerung ist unteranderem die Sperrverzögerungsladung Qrr.
Befindet sich die Diode in Flussrichtung, kommt es zur sogenannten Injektion. Hier steigt die Konzentration der Minoritätsladungsträger im Bahngebiet an.
Hierbei handelt es sich um eine Ladung, welche als Speicherladung / Diffusionsladung bezeichnet wird.
Es handelt sich dabei nicht um eine Flächenladung wie die eines Plattenkondensators, entspricht aber dem Verhalten einer Kapazität, da hier Ladung sozusagen gespeichert wird.
Beim Umschalten muss diese gespeicherte Ladung abgebaut werden.

 



 

Ablauf / Erklärung des Ausschaltverhalten / Sperrverzögerungszeit

Findet nun ein Polaritätswechsel statt – wird die Diode also in Sperrrichtung gesetzt – kommt es zum reverse recovery Effekt. Die injizierten Ladungsträger müssen erst abgebaut werden, bevor die Diode in Sperrrichtung kann. Dieses Abbauen benötigt Zeit, wodurch es zu der Verzögerung kommt.
Diese Ladung muss durch innere Rekombination und durch den Rückwärtserholstrom abgebaut werden.
Grundsätzlich kann man das Ausschaltverhalten in 3 Phasen unterteilen. In der ersten Phase befindet sich die Diode offiziell noch in Flussrichtung, dann geht sie über in das thermische Gleichgewicht und in der letzten Phase befindet sich die Diode dann offiziell im Sperrbereich.
Im Folgenden schauen wir uns diese 3 Phasen an.

 

Phase 1
Unmittelbar nach dem Umschalten springt IF ins Negative. Die Injizierten Minoritätsladungsträger werden ausgeräumt. Die Zeit, in welcher das stattfindet, ist die Ausräumzeit ts.
Während der Ausräumzeit ts wird die gespeicherte Ladung durch den Sperrstrom ausgeräumt.
Die Spannung kann nicht abgebaut werden, solange die Dichte der Minoritätsladungsträger über dem Gleichgewicht pn0 und np0 liegt.

In der Regel wird nur wenig der gespeicherten Ladung durch Rekombination abgebaut. Grund dafür ist, dass der Strom so steil abfällt.
Die Steilheit des Stromabfalls wird bestimmt durch die äußere Beschaltung. Also z.B. durch das Schaltverhalten des Schalters, Induktivitäten im Kommutierungskreises und die Kommutierungsspannung.
Der Strom kann also auch wesentlich flacher als hier abfallen.

 

Phase 2
Irgendwann sind die Injizierten Minoritätsladungsträger aus dem Bahngebiet ausgeräumt. Die Minoritätsladungsträger erreichen also die Gleichgewichtsgrenze. Die Diode ist nun sozusagen kurze Zeit im thermischen Gleichgewicht.

 

Phase 3
Sinkt die Ladungsträgerdichte unter die Gleichgewichtsgrenze, beginnt die Diode zu sperren. Der Strom nimmt ab und nähert sich den 0A an. Auch die Spannung beginnt zu sinken. Diese Zeit wird Abfallzeit tf genannt.

 

Die Sperrverzögerungszeit / reverse recovery time ist nun die gesamte Zeit, welche eine Diode benötigt, um von der Flussrichtung in die Sperrrichtung umzuschalten, also während des Ausschaltvorgang. Also die Summe aus ts und tf ergibt sich die Sperrverzögerungszeit bzw. die reverse recovery time trr.

 



 

Leckstrom beim Ausschaltverhalten

Der Strom nähert sich den 0A an. Der Strom im Sperrzustand ist aber nie 0A sondern der Leckstrom.
Leckstrom / Sperrstrom

Das Ende der Abfallzeit tf wird aber fest definiert als 10% des maximalen Rückwärtsstroms (IRM). D.h. 0,1 ⋅ IRM ist der Wert, nachdem die Sperrverzögerungszeit / reverse recovery time fertig ist.

 

Wie groß ist die reverse recovery time?

Wie groß die Sperrverzögerungszeit / reverse recovery time ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
· Zu Beginn anliegende Wert der Vorwärtsvorspannung
· Der anfängliche Vorwärtsstromwert
· Jede Last in der Stromschleife der Diode
· Diffusionskapazität

 

Verlauf Kennlinie – Ausschaltverhalten / Reverse recovery time

Am besten und einfachsten lässt sich das Verhalten in einer Kennlinie darstellen. Hier deshalb nochmal konkret diese betrachtet. Man bildet den Vorwärtsstrom durch die Diode über die Zeit ab.
ts : Ausräumzeit
tf : Abfallzeit
trr : Sperrverzögerungszeit / Reverse recovery time

IF : Vorwärtsstrom
Is : Leckstrom
IRM : Maximaler Rückwärtsstrom (Reverse maximum current)

UF : Flussspannung
UR : Sperrspannung

 

Ideal wäre, wenn der Strom durch die Diode beim Umpolen abrupt auf 0 absinkt und die Diode somit sofort sperrt. Allerdings ist dies, wie beschrieben aufgrund der gespeicherten Ladung, in Realität nicht möglich.